Kurs:Grundkurs Mathematik (Osnabrück 2022-2023)/Teil II/Vorlesung D/Referenzsuche
Wir besprechen nun eine Konstruktion der reellen Zahlen. Die Idee der Konstruktion ist von der Zielsetzung her bestimmt: In soll jede Cauchy-Folge und insbesondere jede rationale Cauchy-Folge konvergieren. Von daher startet man mit der Menge aller rationalen Cauchy-Folgen und überlegt dann, welche von ihnen den gleichen Grenzwert haben müssen, falls er existiert. Beispielsweise ergibt das Heron-Verfahren zu unterschiedlichen Startwerten unterschiedliche Folgen, die aber die gleiche Wurzel, also die gleiche Lücke adressieren, und die somit identifiziert werden müssen.
Wir konstruieren, ausgehend von den rationalen Zahlen einen vollständigen archimedisch angeordneten Körper, also ein Modell für den Körper der reellen Zahlen. Die Konstruktion ist mengentheoretisch und begrifflich ziemlich aufwändig. Sie setzt einen sicheren Umgang mit Äquivalenzrelationen, Restklassenbildung und Folgen voraus.
Es sei
also die Menge aller Cauchy-Folgen mit rationalen Gliedern. Dies ist eine riesige und erst mal unübersichtliche Menge. Sie enthält die Menge indem wir jeder rationalen Zahl die konstante Folge zuordnen, für die jedes Folgenglied gleich ist. Eine konstante Folge ist trivialerweise eine Cauchy-Folge.
Die Menge der rationalen Cauchy-Folgen bildet mit der gliedweisen Addition und Multiplikation
einen kommutativen Ring.
Das Nullelement ist die konstante Nullfolge und das Einselement ist die konstante Einsfolge. Die Ringeigenschaften begründet man zuerst innerhalb der Menge aller rationalen Folgen. Da Addition und Multiplikation gliedweise ausgeführt werden, folgt die Assoziativität, die Kommutativität und die Distributivität der Verknüpfungen und die Eigenschaften der neutralen Elemente direkt aus den entsprechenden Eigenschaften von Das Negative zu einer Folge ist die gliedweise negierte Folge. Die Abgeschlossenheit der Menge der Cauchy-Folgen unter Addition und Multiplikation folgt direkt aus Lemma 45.9, ebenso, dass die negierte Folge wieder eine Cauchy-Folge ist.
Eine rationale Nullfolge konvergiert nach Definition in gegen und das soll auch in so sein. Insbesondere gibt es eine Vielzahl von Cauchy-Folgen, die gegen die gleiche Zahl konvergieren. Die Addition einer Nullfolge zu einer Folge ändert das Konvergenzverhalten und den Grenzwert, falls er existiert, nicht.
Das Produkt einer Nullfolge mit einer beliebigen Folge ist im Allgemeinen nicht wieder eine Nullfolge. Beispielsweise ist die Folge der Stammbrüche
eine Nullfolge (in jedem archimedisch angeordneten Körper), wenn man sie aber mit der Folge der natürlichen Zahlen, also
multipliziert, so erhält man die konstante Einsfolge, die keine Nullfolge ist. Innerhalb des Ringes der Cauchy-Folgen kann man aber Nullfolgen mit beliebigen Cauchy-Folgen multiplizieren und erhält wieder eine Nullfolge.
Im Ring der rationalen Cauchy-Folgen bildet die Menge der Nullfolgen
ein Ideal.
Die Summe von zwei Nullfolgen ist nach Lemma 44.12 (1) wieder eine Nullfolge. Es sei nun eine Nullfolge und eine beliebige Folge aus also eine Cauchy-Folge. Nach Lemma 45.8 ist somit beschränkt und daher ist nach Lemma 44.10 das Produkt wieder eine Nullfolge.
Im Cauchy-Folgenring ist die durch das Nullfolgenideal gegebene Äquivalenzrelation einfach zu verstehen. Zwei Cauchy-Folgen
sind äquivalent, wenn ihre Differenzfolge, also die durch
gegebene Folge, eine Nullfolge ist. Insbesondere sind alle Nullfolgen zur konstanten Nullfolge äquivalent. Wenn man an die Vorstellung denkt, dass eine Cauchy-Folge eine Lücke innerhalb der rationalen Zahlen entdeckt oder lokalisiert, so bedeutet die Äquivalenz von zwei Cauchy-Folgen, dass sie die gleiche Lücke lokalisieren. Man kann also erkennen, ob zwei Cauchy-Folgen die gleiche Lücke adressieren, auch wenn man die Lücke gar nicht kennt.
Wir definieren nun die Quotientenmenge unter dieser Äquivalenzrelation, also den Restklassenring nach dem von den Nullfolgen erzeugten Ideal, als Menge der reellen Zahlen, also
Wir sprechen vom für die reellen Zahlen.
Der Restklassenring
des Ringes der rationalen
Cauchy-Folgen modulo des Ideals der Nullfolgen heißt Cauchy-Folgen-Modell der reellen Zahlen.
Unter der Identifzierungsabbildung
werden also alle Nullfolgen zu gemacht, und zwei rationale Folgen werden miteinander identifiziert, wenn ihre Differenz eine Nullfolge ist. Wir schreiben die zugehörigen Äquivalenzklassen als Man kann jede Folge durch eine nullfolgenäquivalente Folge ersetzen, ohne den Wert der Restklasse zu ändern. Insbesondere kann man eine Cauchy-Folge an endlich vielen Gliedern abändern, ohne die Äquivalenzklasse zu ändern. Man kann sogar jede Klasse durch eine Dezimalbruchfolge repräsentieren und dadurch eine erreichen und für unterschiedliche Klassen sicherstellen, dass ihr Konvergenzverhalten simultan ist.
Das Cauchy-Folgen-Modell der reellen Zahlen ist ein kommutativer Ring.
Dies folgt unmittelbar aus Lemma 41.9.
Auf der Quotientenmenge sind also die Verknüpfungen durch
gegeben. Deutlich aufwändiger ist es zu zeigen, dass unser konstruiertes Modell ein Körper ist. Die zusätzliche Eigenschaft ist, dass jedes von verschiedene Element ein inverses Element besitzt. Die entscheidenden Vorbereitungen haben wir aber schon in Lemma 45.10 gemacht.
Das Cauchy-Folgen-Modell der reellen Zahlen ist ein Körper.
Dass ein kommutativer Ring vorliegt, wurde schon in Lemma 46.5 vermerkt. Wir müssen also noch zeigen, dass ein von verschiedenes Element
ein inverses Element besitzt. Es sei
eine Cauchy-Folge, die dieses repräsentiert. Diese Folge ist keine Nullfolge, da ja alle Nullfolgen unter der Restklassenabbildung auf das Nullelement abgebildet werden. Nach Lemma 45.10 gilt somit eine der dort angegebenen Alternativen, d.h. es gibt ein
und ein mit der Eigenschaft, dass für
alle Folgenglieder entweder oberhalb von oder aber unterhalb von liegen. Betrachten wir den ersten Fall, wobei wir durch Abändern der ersten Folgenglieder, was die Äquivalenzklasse nicht ändert, annehmen können, dass alle Folgenglieder oberhalb von liegen. Nach Lemma 45.11 ist dann die durch
gegebene inverse Folge ebenfalls eine Cauchy-Folge. Wegen
für alle
ist auch
und somit ist eine inverse Klasse gefunden.
Ausgehend von der in
Lemma 45.10
formulierten Alternative: die rationale Cauchy-Folge ist eine Nullfolge, oder es gibt ein
mit
für fast alle[1]
oder mit
für fast alle
kann man in in positive und in negative Zahlen einteilen und somit eine (totale) Ordnungsrelation darauf definieren.
Das Cauchy-Folgen-Modell der reellen Zahlen ist ein archimedisch angeordneter Körper.
Die in Lemma 45.10 beschriebenen Alternativen hängen nach Aufgabe 45.19 nur von der Äquivalenzklasse ab. Daher ergibt sich durch das Lemma eine Zerlegung (des Cauchy-Folgen-Modells) der reellen Zahlen in die in positive und in negative Zahlen. Dabei sind die positiven Zahlen unter Addition und unter Multiplikation abgeschlossen, d.h. es liegt wegen Aufgabe 24.21 ein angeordneter Körper vor. Es sei ein
gegeben, das durch eine rationale Cauchy-Folge repräsentiert werde. Nach Lemma 45.8 ist die Folge beschränkt und es gibt insbesondere eine natürliche Zahl mit
für alle Damit gilt auch für die Restklassen
was bedeutet, dass archimedisch angeordnet ist.
Die Vollständigkeit der reellen Zahlen wird in zwei Schritten bewiesen. Zuerst wird gezeigt, dass die rationalen Cauchy-Folgen, mit denen wir gestartet sind, aufgefasst in gegen ihre Klasse konvergiert, und dann, dass überhaupt jede reelle Cauchy-Folge konvergiert.
Eine rationale Cauchy-Folge
konvergiert im Cauchy-Folgen-Modell gegen die Äquivalenzklasse
Da die rationale Zahlen sind, können wir sie direkt (als konstante Folgen) als Elemente in auffassen. Wir schreiben
Die Differenz von zum Folgenglied (in) ist gleich der Klasse Sei , vorgegeben. Aufgrund der Cauchy-Eigenschaft gibt es ein derart, dass für alle
die Abschätzungen
gelten. Für
ist damit auch die Differenzklasse zwischen
Somit ist
für
was die Konvergenz bedeutet.
Die folgende Tabelle gibt die Beweisidee des folgenden Satzes an.
Grenzwert | |||||
---|---|---|---|---|---|
Erste Folge | |||||
Zweite Folge | |||||
Dritte Folge | |||||
Das Cauchy-Folgen-Modell der reellen Zahlen ist ein vollständiger, archimedisch angeordneter Körper.
Es sei eine Cauchy-Folge in D.h. jedes einzelne Folgenglied ist selbst durch eine rationale Cauchy-Folge repräsentiert. Für diese repräsentierende Folge schreiben wir wobei der zweite Index der Folgenindex ist und der erste Index sich auf die zugehörige Restklasse bezieht. Wir können durch Übergang zu einer Teilfolge der ten Folge annehmen, dass für jeden Stammbruch bereits für alle
die Abschätzung
gilt. Es sei die zugehörige Diagonalfolge, ihre Folgenglieder sind also die rationalen Zahlen
Wir behaupten, dass diese Folge eine Cauchy-Folge ist und dass die vorgegebene Folge in gegen
konvergiert. Es sei also
mit
vorgegeben.[2] Aufgrund der Cauchy-Eigenschaft der Folge gibt es ein (das wir als mindestens annehmen können) derart, dass für alle
die Abschätzung
gilt. Aufgrund von Satz 46.8 konvergiert die geeignet gewählte repräsentierende Folge gegen und zwar mit der Eigenschaft, dass
für
und somit auch
für hinreichend groß gilt. Somit ist insgesamt für
Durch den Vergleich
sieht man, dass eine Cauchy-Folge ist. Die zugehörige Klasse
ist nach Satz 46.8 der Grenzwert davon. Die obige Abschätzung gilt dann auch für
Wir halten insbesondere fest, dass es einen vollständigen archimedisch angeordneten Körper gibt.
- ↑ Das bedeutet für alle bis auf endlich viele.
- ↑ Da wir schon wissen, dass ein archimedisch angeordneter Körper vorliegt, müssen wir nur die Stammbrüche betrachten.
Zum folgenden Satz vergleiche man Satz 7.2. So wie die Dedekind-Peano-Axiome die natürlichen Zahlen eindeutig festlegen, werden die reellen Zahlen durch die Eigenschaften, die in einem vollständigen archimedisch angeordneten Körper zusammengefasst werden, eindeutig charakterisiert.
Es gibt genau einen vollständigen archimedisch angeordneten Körper, die reellen Zahlen.
Genauer: Wenn zwei vollständige archimedisch angeordnete Körper
vorliegen, so gibt es einen eindeutig bestimmten bijektiven Ringhomomorphismus
Wir können davon ausgehen, dass der eine Körper das Cauchy-Folgen-Modell
der reellen Zahlen ist, wobei den Ring aller rationalen Cauchy-Folgen und das Ideal der Nullfolgen bezeichnet. Der andere Körper sei mit bezeichnet. Beide Körper enthalten die rationalen Zahlen und ein Ringhomomorphismus bildet auf und auf ab. Ein Ringhomomorphismus respektiert auch die Quadrate. In einem vollständigen archimedisch angeordneten Körper sind die nichtnegativen Elemente
nach Aufgabe 45.22 genau die Quadrate, deshalb muss ein solcher Ringhomomorphismus auch positive Elemente in positive Elemente überführen. Da man in einem archimedisch angeordneten Körper nach Aufgabe 28.35 die Konvergenz mit Stammbrüchen allein überprüfen kann, erhält eine solche Abbildung auch die Konvergenz. Da in nach Konstruktion und Satz 46.8 jedes Element Limes einer rationalen Cauchy-Folge ist, und diese auch in wegen der Vollständigkeit konvergiert, kann es nur eine solche Abbildung geben. Diese Überlegung zeigt zugleich, wie man die Abbildung ansetzen muss. Ein Element
werde repräsentiert durch eine rationale Cauchy-Folge Diese Folge konvergiert in gegen ein und man setzt
Dies ist wohldefiniert. Wenn man nämlich eine andere repräsentierende rationale Cauchy-Folge nimmt, so ist die Differenz zu eine Nullfolge und dann konvergieren nach Lemma 44.12 (1) die beiden Folgen in gegen das gleiche Element.
Aufgrund der Verträglichkeit mit der Konvergenz haben wir das kommutative Diagramm
wobei eine Cauchy-Folge auf ihren Limes in abbildet. Nach Lemma 44.12 ist diese Abbildung ein Ringhomomorphismus. Da die horizontale Abbildung surjektiv ist, ist auch ein Ringhomomorphismus.
Die Injektivität gilt für jeden Ringhomomorphismus zwischen Körpern, siehe Aufgabe 47.3. Zum Nachweis der Surjektivität von sei
vorgegeben. Nach Korollar 28.10 gibt es eine Dezimalbruchfolge, die gegen konvergiert. Da diese Dezimalbruchfolge eine rationale Cauchy-Folge ist, gehört sie zu und definiert ein Element in das durch auf abgebildet wird. Insgesamt ist also ein bijektiver Ringhomomorphismus.
Nachdem wir nachgewiesen haben, dass die reellen Zahlen durch ihre axiomatisch fixierten Eigenschaften eindeutig festgelegt sind, werden wir in Zukunft nur noch mit diesen Axiomen und daraus abgeleiteten Eigenschaften arbeiten, die Konstruktion der reellen Zahlen mit Hilfe der Cauchy-Folgen wird in den Hintergrund treten. Den Körper der reellen Zahlen bezeichnen wir mit
Eine Zahl
mit
heißt eine irrationale Zahl
Eine beschränkte und monotone Folge in
Nach Voraussetzung ist die Folge wachsend und nach oben beschränkt oder fallend und nach unten beschränkt. Nach Lemma 45.7 liegt eine Cauchy-Folge vor, und diese konvergiert in
Eine Folge der Form
mit
und
heißt Dezimalbruchfolge. Eine Ziffernfolge (eine Ziffernentwicklung) , mit
definiert die Folge
mit
Inwiefern stellt eine solche Dezimalbruchfolge eine reelle Zahl dar und inwiefern ist die Darstellung eindeutig? Zu jedem Element
in einem archimedisch angeordneten Körper gibt es nach Verfahren 28.6 eine Dezimalbruchfolge, nämlich die durch
gegebene Folge, die nach Korollar 28.10 gegen konvergiert.
- Jede Dezimalbruchfolge konvergiert gegen eine eindeutig bestimmte reelle Zahl.
- Zu jeder reellen Zahl konvergiert die durch gegebene Dezimalbruchfolge gegen
- Zwei verschiedene Dezimalbruchfolgen und konvergieren genau dann gegen die gleiche Zahl wenn es ein gibt mit für und und und für (oder umgekehrt).
- Dies folgt aus Lemma 45.4 und der Vollständigkeit von
- Dies wurde in Korollar 28.10 bewiesen.
- Eine Dezimalbruchfolge der Form konvergiert gegen daher konvergieren die beiden Folgen gegen den gleichen Grenzwert. Wenn die beiden Cauchy-Folgen gegen die gleiche reelle Zahl konvergieren, so muss ihre Differenz eine Nullfolge sein. Eine Dezimalbruchfolge erfüllt die Abschätzungen somit gilt für den Grenzwert insbesondere Wenn sich die beiden Dezimalbruchfolgen unterscheiden, so gibt es einen vordersten Index wo sie sich unterscheiden. Es ist dann (ohne Einschränkung) Wenn sie gegen den gleichen Grenzwert konvergieren, so muss wegen der Abschätzungen also sein. Dies erzwingt und die weiteren Bedingungen.
Es ist nicht trivial, aus den Ziffernentwicklungen von reellen Zahlen die Ziffernentwicklung ihrer Summe oder ihres Produktes abzulesen. Die Ziffernentwicklung ist eine konvergente Dezimalbruchfolge, und für jede Folge ist die Summe und das Produkt eindeutig definiert. Man weiß, dass das Ergebnis wieder eine konvergente Folge ist, und so ist die Summe und das Produkt von Dezimalbruchfolgen eindeutig definiert. Daraus kann man aber nicht unmittelbar ablesen, wie die (kanonische) Dezimalbruchfolge zur Summe oder zum Produkt aussieht. Insbesondere kann man die ersten Nachkommastellen der Summe nicht aus den ersten Nachkommastellen der beteiligten Summanden ablesen. Wenn beispielsweise von den Zahlen
und
die ersten zwanzig Nachkommastellen bekannt sind, so hat man die Abschätzungen
bzw.
und damit hat man auch die Abschätzung
Man weiß aber nicht, ob die ersten Ziffern Neunen oder Nullen sind, und das weiß man auch dann im Allgemeinen nicht, wenn man noch mehr Ziffern der Zahlen kennt.
Bei der Multiplikation ist das Problem noch deutlicher. Selbst wenn ein Faktor eine natürliche Zahl ist, so kann man die Ziffernentwicklung eines Produktes nicht aus den entsprechenden Ziffern von ablesen. Es sei beispielsweise
und
Dann weiß man nur
man hat aber keine Kenntnis über die ersten Ziffern des Produktes.
Die Reihe heißt zu
es geht also um die Folge mit den Folgengliedern
bzw. um die Summe
Die Konvergenz hängt wesentlich vom Betrag von ab.
Für jedes und jedes
gilt die Beziehung
und daher gilt für die Partialsummen die Beziehung (bei)
Für und
konvergiert dies wegen Lemma 44.12 und Aufgabe 28.31 gegen
Für einen Bruch zu
liefert der Divisionsalgorithmus nach Lemma 28.3 (3) eine periodische Entwicklung die nach Lemma 28.8 die Dezimalbruchfolge zur Zahl ist. Zu einer rationalen Zahl gehört also eine periodische Ziffernentwicklung. Die Umkehrung gilt ebenfalls.
Eine reelle Zahl ist
genau dann eine rationale Zahl, wenn sie eine periodische Ziffernentwicklung (im Dezimalsystem) besitzt.
Die Periodizität der Ziffernentwicklung zu wurde in
Lemma 28.3 (3)
in Verbindung mit
Korollar 28.11
bewiesen.
Es liege eine periodische Ziffernentwicklung für die reelle Zahl vor. Da sich die Eigenschaft, eine rationale Zahl zu sein, weder bei Multiplikation mit einer rationalen Zahl noch bei Addition mit einer rationalen Zahl ändert, können wir sofort annehmen, dass die Ziffernentwicklung die Form
besitzt. Die dadurch definierte Zahl können wir als
auffassen, wobei die Einsen an der ten, ten u.s.w. Stelle stehen. Wir müssen uns also nur noch um periodische Ziffernentwicklungen von dieser speziellen Art kümmern. Wir betrachten also die Reihe
Nach Satz 47.6 konvergiert dies gegen
wobei jeweils Neunen vorkommen. Diese Zahl ist also rational.
Die entsprechende Aussage gilt für die Ziffernentwicklung zu jeder Basis, nicht nur im Dezimalsystem. Eine reelle Zahl mit einer periodischen Ziffernentwicklung wird so geschrieben, dass man einen Strich über die Periode macht, also beispielsweise
Wir bestimmen mit Hilfe des Beweises zu Satz 47.7 die rationale Zahl, die durch die periodische Zifferententwicklung
gegeben ist. Es ist
Eine weitere Möglichkeit, reelle Zahlen zu beschreiben, einzuführen, zu approximieren und rechnerisch zu handhaben, wird durch Intervallschachtelungen gegeben.
Es sei ein angeordneter Körper. Eine Folge von abgeschlossenen Intervallen
in heißt eine Intervallschachtelung wenn
für alle
ist und wenn die Folge der Intervalllängen, also
gegen konvergiert.
Die Intervalllängen müssen also insbesondere eine fallende Nullfolge bilden. Es wird nicht eine bestimmte Geschwindigkeit dieser Konvergenz verlangt. Die ist eine spezielle Intervallschachtelung, bei der man zusätzlich verlangt, dass das folgende Intervall jeweils die untere oder die obere Hälfte des Vorgängerintervalls ist. Zu einer Dezimalbruchfolge
gehört die Intervallschachtelung
Hier ist der untere Rand des Intervalls und es gilt
(und wobei zusätzlich ausgeschlossen ist, dass der rechte Rand von ist). Die Intervalllängen sind hier
Die Vollständigkeit der reellen Zahlen wirkt sich auf Intervallschachtelungen folgendermaßen aus.
Es sei , eine Intervallschachtelung in
Dann besteht der Durchschnitt
aus genau einem Punkt
Eine reelle Intervallschachtelung bestimmt also genau eine reelle Zahl.
Es sei
beliebig gewählt. Wir behaupten, dass dies eine Cauchy-Folge ist. Zu gegebenem
sei derart, dass
Für
ist dann
da ja
ist. Es sei der Limes dieser Cauchy-Folge. Wäre
für ein so wäre
(oder ), doch wegen der Konvergenz der Folge gegen würden dann auch die Folgenglieder für hinreichend groß echt unterhalb von und damit von liegen, im Widerspruch zu
Also ist
Würden zwei Zahlen
zum Durchschnitt aller Intervalle gehören, so wäre
für alle im Widerspruch dazu, dass die Intervalllängen gegen konvergieren.
Der Beweis zeigt, dass jede Folge
gegen die gleiche durch die Intervallschachtelung definierte Zahl konvergiert. Dies gilt insbesondere für die Folge der unteren und die Folge der oberen Intervallgrenzen.
Unter einem Dedekindschen Schnitt versteht man ein Paar bestehend aus Teilmengen der rationalen Zahlen, die folgende Eigenschaften erfüllen.
- und sind nicht leer.
- d.h. es liegt eine Zerlegung der Menge aller rationalen Zahlen in zwei Teilmengen vor.
- Für jedes und jedes ist
- Zu gibt es ein mit
Die Mengen
heißen auch die Untermenge bzw. Obermenge des Dedekindschen Schnittes. Sie legen sich wegen der Bedingung (2) gegenseitig fest. Jede reelle Zahl
(und auch jedes Element in einem angeordneten Körper) definiert einen Dedekindschen Schnitt, indem man
und
setzt. Die Eigenschaften sind erfüllt, wie eine direkte Überprüfung zeigt. Man spricht von einem Ob ein Dedekindscher Schnitt ein Punktschnitt ist, hängt wesentlich vom Körper ab. Der durch definierte Dedekindsche Schnitt ist in ein Punktschnitt, in aber nicht.
Die Vollständigkeit der reellen Zahlen hat folgende Auswirkungen auf die Dedekindschen Schnitte.
Es seien
Wir definieren rekursiv eine Intervallschachtelung
mit
und
Wir setzen
und
Wenn und schon definiert sind, so setzen wir
und
Damit ist stets
und insbesondere
die Folgen sind wachsend bzw. fallend und die Intervalllänge wird in jedem Schritt halbiert. Somit liegt eine Intervallschachtelung vor. Nach Satz 48.2 gibt es genau eine reelle Zahl die in allen Intervallen liegt. Wir behaupten, dass dieses der trennende Punkt ist, d.h. wir müssen
zeigen. Es sei zunächst
Dann ist
für jedes und somit ist
Da mit auch noch größere Elemente enthält, sagen wir
gilt sogar
Wenn dagegen
also
ist, so zeigt die gleiche Argumentation mit vertauschten Rollen die Beziehung
Mit den Dedekindschen Schnitten kann man, wie mit Cauchy-Folgen, die reellen Zahlen konstruieren; Bei diesem Zugang definiert man direkt die reellen Zahlen als die Menge aller Dedekindschen Schnitte. Man muss dann natürlich auf der Ebene der Schnitte eine Addition, eine Multiplikation und eine Ordnungsrelation einführen und die gewünschten Eigenschaften nachweisen, siehe Aufgabe 48.13, Aufgabe 48.14, Aufgabe 48.15, Aufgabe 48.16. Dies ist ein gangbarer Weg. Der Vorteil liegt darin, dass es direkt eine Korrespondenz zwischen Dedekindschen Schnitten und den reellen Zahlen gibt, man muss nicht verschiedene Darstellungen (mit Hilfe einer Äquivalenzrelation) identifizieren. Der Nachteil ist, das Dedekindsche Schnitte abgesehen von dieser Konstruktion keine wichtige Rolle in der Mathematik spielen, während Folgen und Intervallschachtelungen überall in der Mathematik begegnen. Auch der rechnerisch-approximative Aspekt ist bei Dedekindschen Schnitten nicht wirklich vorhanden.
Die Vollständigkeit der reellen Zahlen sichert auch die Existenz einer eindeutig bestimmten Wurzel für eine nichtnegative reelle Zahl. Für Quadratwurzeln folgt dies auch aus Lemma 45.5 (1).
Zu jeder nichtnegativen reellen Zahl
und jedem
gibt es eine eindeutige nichtnegative reelle Zahl mit
Wir betrachten den Dedekindschen Schnitt mit
und
Die Eigenschaften eines Dedekindschen Schnittes beruhen hierbei darauf, dass eine totale Ordnung ist, auf dem Archimedes-Axiom, auf Lemma 19.13 (8) und auf dem binomischen Lehrsatz, siehe Aufgabe 48.18. Nach Satz 48.5 gibt es somit ein
mit
Wir behaupten
Dies ergibt sich, da die beiden Annahmen
bzw.
jeweils zu einem Widerspruch führen.
Zu einer nichtnegativen reellen Zahl
und
bezeichnet man mit diejenige nichtnegative reelle Zahl, deren te Potenz gleich ist.
Statt schreibt man auch Auf der eindeutigen Existenz von Wurzeln aus positiven reellen Zahlen beruht auch das mit dem man in der Regel die Gleichheit von Wurzelausdrücken begründet: Zwei positive Zahlen stimmen bereits dann überein, wenn eine gewisse gleichnamige Potenz von ihnen übereinstimmt. Dieses Prinzip findet im Beweis der nächsten Aussage Verwendung.
Es seien positive reelle Zahlen und Dann gelten die folgenden Aussagen.
- Es ist
- Es ist
- Es ist
Wegen der Eindeutigkeit der Wurzeln stimmen zwei positive reellen Zahlen überein, sobald eine gewisse Potenz davon übereinstimmt. Damit kann man die Aussagen auf die Potenzgesetze mit ganzzahligen Exponenten zurückführen.
- Es ist unter Verwendung von Lemma 23.12 (4) was auch herauskommt, wenn man von der rechten Seite die te Potenz nimmt.
- Nach Lemma 23.12 (5) ist was auch links herauskommt.
- Dies folgt aus Teil (2) mit
Wir besprechen eine Beschreibung der sogenannten
Die Intervalle , mit den Grenzen
definieren eine Intervallschachtelung.
Wegen
ist klar, dass
ist, sodass also wirklich Intervalle vorliegen.
Um zu zeigen, dass die Intervalle ineinander liegen, zeigen wir, dass die unteren Grenzen wachsend und die oberen Grenzen fallend sind. Wir betrachten zuerst
Aufgrund der Bernoulli-Ungleichung
gilt
Dies schreiben wir als
Daraus ergibt sich durch beidseitige Multiplikation mit (es sei.) die Abschätzung
Für die oberen Intervallgrenzen ergibt die Bernoullische Ungleichung die Abschätzung
Daraus folgt
Durch beidseitige Multiplikation mit ergibt sich
Wir betrachten schließlich die Intervalllängen. Diese sind
und konvergieren somit gegen
Also liegt insgesamt eine Intervallschachtelung vor.
Durch diese
Intervallschachtelung
ist aufgrund von
Satz 48.2
eindeutig eine reelle Zahl bestimmt.
Die reelle Zahl
heißt Eulersche Zahl
Ihr numerischer Wert ist
Eine wichtige alternative Möglichkeit, die eulersche Zahl festzulegen, ist
d.h. die Zahl
stimmt mit der Zahl
überein. Es ist nicht so einfach, die Übereinstimmung dieser beiden Definitionen zu zeigen. Die Konvergenz in der Reihenentwicklung ist deutlich schneller.
Zu einem Körper wie oder und einer fixierten Variablen kann man sich fragen, welche Terme man mit dieser Variablen über diesem Körper kann. Dazu gehören
wobei wir Potenzschreibweise verwendet und einige Klammern weggelassen haben. Als Terme sind
verschieden. Bei jeder Interpretation von in einem Ring sind diese Ausdrücke aber gleich. Der Polynomring besteht aus genau diesen Termen, wobei allerdings Terme miteinander identifiziert werden, wenn sich dies aus den Rechenregeln für einen kommutativen Ring ergibt.
Der Polynomring über einem Körper
besteht aus allen Polynomen
mit
und mit komponentenweiser Addition und einer Multiplikation, die durch distributive Fortsetzung der Regel
definiert ist.
Dabei nennt man die des Polynomrings. Ein Polynom
ist formal gesehen nichts anderes als das Tupel die die des Polynoms heißen. Zwei Polynome sind genau dann gleich, wenn sie in allen ihren Koeffizienten übereinstimmen. Der Körper heißt in diesem Zusammenhang der des Polynomrings. Aufgrund der komponentenweisen Definition der Addition liegt unmittelbar eine Gruppe vor, mit dem (bei dem alle Koeffizienten sind) als neutralem Element. Die Polynome mit
für alle
heißen man schreibt sie einfach als
Die für ein einfaches Tupel zunächst ungewöhnliche Schreibweise deutet in suggestiver Weise an, wie die Multiplikation aussehen soll, das Produkt ist nämlich durch die Addition der Exponenten, also
gegeben. Für beliebige Polynome ergibt sich die Multiplikation aus dieser einfachen Multiplikationsbedingung durch distributive Fortsetzung gemäß der Vorschrift, zu multiplizieren. Die Multiplikation ist also explizit durch folgende Regel gegeben:[1]
Beispielsweise ist
Lediglich die Gültigkeit des Assoziativgesetzes für die Multiplikation und des Distributivgesetzes sind nicht unmittelbar klar. Zum Nachweis dieser Eigenschaften schreiben wir abkürzend die beteiligten Polynome als
Mit diesen Bezeichnungen ist
woraus wegen der Symmetrie des Ausdrucks die Assoziativität ablesbar ist. Ferner ist
was die Distributivität bedeutet.
Der Polynomring ist kein Körper, beispielsweise gibt es zur Variablen kein inverses Element.
Der Grad eines von verschiedenen Polynoms
mit
ist
Das Nullpolynom bekommt keinen Grad. Der Koeffizient der zum Grad des Polynoms gehört, heißt des Polynoms. Der Ausdruck heißt Ein Polynom mit Leitkoeffizient heißt
Es seien
und
mit
also
Bei
ist der Grad der Summe, bei
ist bei
dies auch der Grad des Summenpolynoms, im andern Fall wird der Grad kleiner (die Summe kann sein, dann ist die Aussage als erfüllt zu interpretieren). Wegen Lemma 23.11 ist
und somit ist der Leitterm des Produktpolynoms dessen Grad somit gleich ist.
Polynome vom Grad sind die konstanten Polynome, Polynome vom Grad nennt man auch lineare Polynome.
Ein Polynom vom Grad zwei nennt man auch ein Wir schreiben es in der Form
Wenn
ist, so fällt der vordere Term weg und es liegt ein lineares, kein quadratisches Polynom vor. Wenn
ist, so spricht man von einem rein-quadratischen Polynom.
Es sei ein quadratisches Polynom über gegeben. Wir interessieren uns für die Frage, ob das Polynom Nullstellen[2] besitzt und wie diese zu ermitteln sind. Es geht also um Lösungen einer Gleichung der Form
Dabei sind vorgegeben mit
und gesucht ist
derart, dass wenn man die Zahl für die Variable einsetzt, sich der Wert ergibt. Wenn
ist, also eine Gleichung der Form
vorliegt, so geht es einfach um das ziehen einer Quadratwurzel. Die Gleichung ist ja äquivalent zu
Wenn die Zahl rechts negativ ist, so gibt es keine Lösung. Wenn die Zahl rechts ist (was bei
der Fall ist), so gibt es die einzige Lösung Wenn die Zahl rechts positiv ist, so gibt es zwei Lösungen, nämlich In einem beliebigen Körper geht es um die Frage, ob eine Quadratwurzel besitzt oder nicht.
Für die Gleichung
wo also
ist, kann man sofort die Lösungen angeben, nämlich
und
Für die allgemeine quadratische Gleichung
gibt es einen wichtigen Trick, sie auf eine rein-quadratische Form zurückzuführen und sie damit durch Wurzelziehen zu lösen, das sogenannte Zunächst dividiert man durch und erhält die äquivalente Gleichung
Das nennt man auch eine normierte Gleichung, da links ein normiertes Polynom steht. Wir schreiben diese Gleichung mit
und
als
Dieses Polynom schreiben wir nun scheinbar komplizierter als
Durch Ausmultiplizieren der rechten Seite mit Hilfe der ersten binomischen Formel sieht man, dass die Terme links und rechts übereinstimmen. Der Gewinn ist dabei, dass eine ist, die wie eine Variable behandelt werden kann, und dass eine reelle Zahl ist. Es liegt also im Wesentlichen eine rein-quadratische Gleichung vor. Mit einer Umstellung erhält man
und somit
vorausgesetzt, dass der Ausdruck unter dem Wurzelzeichen nichtnegativ ist. Als Lösung erhält man dann
Es sei
eine reelle quadratische Gleichung.
Dann gilt folgendes Lösungsverhalten.[3]
- Bei gibt es keine reelle Lösung.
- Bei gibt es die eine Lösung
- Bei gibt es die beiden Lösungen
Die Lösung in (2) ist ein Spezialfall von (3), in dem die beiden Lösungen zusammenfallen. Wir zeigen explizit, dass in der Tat Lösungen vorliegen. Es ist
Da eine quadratische Gleichung nur maximal zwei Lösungen besitzt, sind wir im dritten Fall fertig.
Im Allgemeinen schreiben wir
Der rechte Term ist bei
stets positiv und so hat das Polynom in diesem Fall keine Nullstelle, bei
hat es genau die eine angegebene Nullstelle.
Diese Lösungsformel heißt auch Wenn man zuerst durch durchdividiert und die quadratische Gleichung in der Form
vorliegt, so vereinfachen sich die Lösungen zu
Dazu sagt man auch Diese Formeln gelten in jedem Körper, in dem
ist. Die Lösbarkeit hängt dann allein davon ab, ob die Diskriminante eine Quadratwurzel besitzt oder nicht.
Bauer Ernst möchte ein neues quadratisches Beet für Melonen anlegen. Die Anlage des Beetes kostet pro Quadratmeter Euro. Das Beet muss mit einem Schneckenzaun rundum versehen werden, der pro Meter Euro koste. Ernst möchte Euro insgesamt investieren. Wie groß wird das Beet?
Es sei die Seitenlänge des Beetes. Die Kosten sind dann was zur Gleichung
bzw.
führt. Nach Satz 49.5 führt dies auf
Die Seitenlänge des Beetes ist also ungefähr Meter.
Der folgende ermöglicht eine sinnvolle Probe für das Ergebnis. Wenn man weiß, dass es ganzzahlige Lösungen geben muss, kann man damit auch häufig die Lösungen der quadratischen Gleichung erraten.
Es sei eine quadratische Gleichung in der Form
gegeben und es seien
die Lösungen.
Dann gilt
und
Von dieser Aussage gilt auch die Umkehrung, siehe
Aufgabe 49.25.
Wenn man beispielsweise die Zusatzinformation kennt, dass
ganzzahlige Lösungen besitzt, so kommen dafür nur die Teiler von in Frage, und in der Tat sind
die beiden Lösungen.
- ↑ Wobei wir natürlich, wie auch bei der Addition oder dem Vergleichen von Polynomen verschiedener Grade, die Polynome für bzw. mit den Koeffizienten bzw. ergänzen können.
- ↑ Dieses Konzept werden wir in der nächsten Vorlesung allgemeiner besprechen.
- ↑ Den Ausdruck nennt man auch die der quadratischen Gleichung.
In ein Polynom
kann man ein Element
indem man die Variable an jeder Stelle durch ersetzt. Dies führt zu einer Abbildung
die die durch das Polynom definierte heißt.
Diese Abbildungen gehören zu den wichtigsten Funktionen. Die konstanten Polynome führen zu den konstanten Abbildungen mit dem Wert lineare Polynome der Form
führen zu affin-linearen Funktionen, insbesondere entspricht die Variable der Identität. Quadratische Polynome führen auf quadratische Funktionen, die Potenzen der Variablen, also führen auf die Potenzfunktionen
Es seien
und
- Es ist
und somit ist unter Verwendung des Distributivgesetzes für
- Es ist
und somit ist unter Verwendung des Distributivgesetzes und der Potenzgesetze für
- Für jedes konstante Polynom gilt da nicht eingesetzt werden kann.
Wenn von geteilt wird, so sagt man auch, dass ein Vielfaches von ist. In ist es, anders wie in einem Körper, aber ähnlich wie in nicht möglich, ein Element durch ein anderes Element zu teilen. Es gibt aber, wie bei einen wichtigen Ersatz dafür, die
Es sei ein Körper und sei der Polynomring über Es seien
Polynome mit
Dann gibt es eindeutig bestimmte Polynome
mit
Wir beweisen die Existenzaussage durch Induktion über den Grad von Wenn der Grad von größer als der Grad von ist, so ist
eine Lösung, sodass wir dies nicht weiter betrachten müssen. Bei
ist nach der Vorbemerkung auch
also ist ein konstantes Polynom, und damit ist (da
und ein Körper ist)
eine Lösung. Es sei nun
und die Aussage für kleineren Grad schon bewiesen. Wir schreiben
mit Dann gilt mit
die Beziehung
Dieses Polynom hat einen Grad kleiner als und darauf können wir die Induktionsvoraussetzung anwenden, d.h. es gibt
mit
Daraus ergibt sich insgesamt
sodass also
und
eine Lösung ist. Zur Eindeutigkeit sei
mit den angegebenen Bedingungen. Dann ist
Da die Differenz einen Grad kleiner als besitzt, ist aufgrund der Gradeigenschaften diese Gleichung nur bei
und
lösbar.
Das Polynom ist genau dann ein Teiler von wenn bei der Division mit Rest von durch der Rest gleich ist. Der Beweis des Satzes ist konstruktiv, d.h. es wird in ihm ein Verfahren beschrieben, mit der man die Division mit Rest berechnen kann. Dazu muss man die Rechenoperationen des Grundkörpers beherrschen. Wir geben dazu drei Beispiele, zwei über den rationalen Zahlen und eines über einem endlichen Körper.
Wir führen die Polynomdivision
durch. Es wird also ein quadratisches Polynom durch ein lineares Polynom dividiert, d.h. der Quotient muss vom Grad und der Rest muss vom Grad sein. Im ersten Schritt überlegt man, mit welchem Term man multiplizieren muss, damit das Produkt mit im Leitterm übereinstimmt. Das ist offenbar Das Produkt ist
Die Differenz von zu diesem Produkt ist
Mit diesem Polynom, nennen wir es setzen wir die Division durch fort. Um Übereinstimmung im Leitkoeffizienten zu erhalten, muss man mit multiplizieren, dies ergibt
Die Differenz zu ist somit
Dies ist das Restpolynom und somit ist insgesamt
Wir führen die Polynomdivision
(über) durch. Es wird also ein Polynom vom Grad durch ein Polynom vom Grad dividiert, d.h. dass der Quotient und auch der Rest (maximal) vom Grad sind. Im ersten Schritt überlegt man, mit welchem Term man multiplizieren muss, damit das Produkt mit im Leitterm übereinstimmt. Das ist offenbar Das Produkt ist
Die Differenz von zu diesem Produkt ist
Mit diesem Polynom, nennen wir es setzen wir die Division durch fort. Um Übereinstimmung im Leitkoeffizienten zu erhalten, muss man mit multiplizieren. Dies ergibt
Die Differenz zu ist somit
Dies ist das Restpolynom und somit ist insgesamt
Wir führen im endlichen Restklassenkörper die Polynomdivision
durch. Es wird also ein quadratisches Polynom durch ein lineares Polynom dividiert, d.h. der Quotient muss vom Grad und der Rest muss vom Grad sein. Im ersten Schritt überlegt man, mit welchem Term man multiplizieren muss, damit das Produkt mit im Leitterm übereinstimmt. Mit was muss man also in multiplizieren, um zu erhalten? Eine Schreibweise wie ist hier wenig hilfreich, es muss ein Element aus sein. Wegen
ist das inverse Element, man muss also mit multiplizieren. Das Produkt ist
Die Differenz von zu diesem Produkt ist
Mit diesem Polynom, nennen wir es setzen wir die Division durch fort. Um Übereinstimmung im Leitkoeffizienten zu erhalten, muss man mit multiplizieren, da ja
ist. Dies ergibt
Die Differenz zu ist somit
Dies ist das Restpolynom und somit ist insgesamt
Unter einer Nullstelle eines Polynoms versteht man ein
mit
Ein Polynom muss keine Nullstellen besitzen, ferner hängt dies vom Grundkörper ab.
Es sei ein Körper und sei der Polynomring über Es sei
ein Polynom und
Dann ist genau dann eine Nullstelle von wenn ein Vielfaches des linearen Polynoms
ist.
Wenn ein Vielfaches von ist, so kann man
mit einem weiteren Polynom schreiben. Einsetzen ergibt
Im Allgemeinen gibt es aufgrund der Division mit Rest eine Darstellung
wobei
oder aber den Grad besitzt, also so oder so eine Konstante ist. Einsetzen ergibt
Wenn also
ist, so muss der Rest
sein, und das bedeutet, dass
ist.
Es sei ein Körper und sei der Polynomring über Es sei
ein Polynom () vom Grad
Dann besitzt maximal Nullstellen.
Wir beweisen die Aussage durch Induktion über Für
ist die Aussage offensichtlich richtig. Es sei also
und die Aussage sei für kleinere Grade bereits bewiesen. Es sei eine Nullstelle von (falls keine Nullstelle besitzt, sind wir direkt fertig). Dann ist
nach Lemma 50.7 und hat den Grad sodass wir auf die Induktionsvoraussetzung anwenden können. Das Polynom hat also maximal Nullstellen. Für
gilt
Dies kann nach Lemma 23.11 (5) nur dann sein, wenn einer der Faktoren ist, sodass eine Nullstelle von gleich ist oder aber eine Nullstelle von ist. Es gibt also maximal Nullstellen von
Der folgende Satz heißt und beschreibt die Interpolation von vorgegebenen Funktionswerten durch Polynome.
Es sei ein Körper und es seien verschiedene Elemente
und Elemente
gegeben.
Dann gibt es ein eindeutiges Polynom
vom Grad derart, dass
für alle ist.
Wir beweisen die Existenz und betrachten zuerst die Situation, wo
ist für alle
für ein festes Dann ist
ein Polynom vom Grad das an den Stellen den Wert hat. Das Polynom
hat an diesen Stellen ebenfalls eine Nullstelle, zusätzlich aber noch bei den Wert Nennen wir dieses Polynom Dann ist
das gesuchte Polynom. An der Stelle gilt ja
für
und
Die Eindeutigkeit folgt aus
Korollar 50.8.
Wenn die Daten und gegeben sind, so findet man das interpolierende Polynom vom Grad das es nach Satz 50.9 geben muss, folgendermaßen: Man macht den Ansatz
und versucht die unbekannten Koeffizienten zu bestimmen. Jeder Interpolationspunkt führt zu einer linearen Gleichung
über Das entstehende lineare Gleichungssystem besitzt genau eine Lösung die das Polynom festlegt.
Der Polynomring ist ein kommutativer Ring, aber kein Körper. Man kann aber mit Hilfe von formal-rationalen Funktionen einen Körper konstruieren, der den Polynomring enthält, ähnlich wie man aus die rationalen Zahlen konstruieren kann. Dazu definiert man
wobei man wie bei zwei Brüche
miteinander identifiziert, wenn
ist. Auf diese Weise entsteht der (über).
Einen formalen Ausdruck kann man in folgender Weise wieder als eine Funktion auffassen.
Es sei ein Körper. Zu Polynomen , heißt die Funktion
wobei
das Komplement der Nullstellen von ist, eine rationale Funktion
Die nach den Polynomfunktionen einfachsten Funktionen sind die rationalen Funktionen.